Der neue Planetenweg in Winterlingen
In einem Buch lassen sich Größe und Abstände unseres Sonnensystems nicht in korrektem Maßstab abbilden. In der Vergangenheit wurde deshalb an mancherlei Orten der Welt Planetenwege in der freien Natur angelegt. Doch bei der Herstellung des Sonnenmodells wurden oft Kompromisse eingegangen, denn der technische Aufwand ist für eine korrekte Darstellung sehr aufwändig. Konsequent maßstäblich und dreidimensional erhielt die Gemeinde Winterlingen einen neuen Planetenweg. Neu, weil die IAU (Internationale Astronomische Union) im August 2006 in Prag eine exakte Definition für „echte“ Planeten erarbeitete. Danach ist z.B. Pluto jetzt kein Planet mehr, sondern zählt zu den Kleinplaneten, unser Sonnensystem hat nur noch 8 Planeten. Im Planetenweg Winterlingen sind diese Bestimmungen (wohl erstmalig) dabei berücksichtigt. Dass gerade in Winterlingen dieser Planetenweg entstand, kommt nicht von ungefähr. Es war Albert Einstein, der 1917 und danach zu Gast im Pfarrhaus im Winterlinger Ortsteil Benzingen war. Seiner Forschung folgend, zeigt der Planetenweg Winterlingen nicht nur räumlich unser Sonnensystem, sondern auch den Zeitverlauf seit dem Urknall bis heute, also Zeit und Raum.
Der Planetenweg Winterlingen beinhaltet im „Raum-Pfad“ unser Sonnensystem genau im Maßstab 1 zu 1 Milliarde verkleinert. Hierbei ist der Makro-Kosmos, sowohl die Sonne, als auch alle Planeten, im gleichen Maßstab und kugelig geformt. Die Sonne ist als eine goldgelbe Kugel von 1,39 Metern Durchmesser ausgebildet. Die filigrane Oberfläche weist darauf hin, dass die Sonne aus flüssigen Gasen (Wasserstoff und Helium) besteht, die sich mit unterschiedlicher Geschwindigkeit um die 7° geneigte Sonnenachse drehen. Die atomare Kernfusion der Sonne geht vom Sonnenkern aus. An den Planeten-Stationen ist jeweils eine genaue Beschreibung der Planeten angebracht, wobei das Planetenmodell detailliert mit seiner Dreh- und Umlaufachse dargestellt ist. Ein jeweiliger Größenvergleich zur Sonne und zu den Planeten macht die großen Unterschiede begreifbar. Der Rückweg führt den Besucher entlang des „Zeit-Pfades“, beginnend an einer fiktiven Darstellung des Urknalls vor etwa 14 Milliarden Jahren. Von der Entstehung der Galaxien, unserer Sonne, der Proto-Erde bis zu den Jura-Meeren teilen Info-Tafeln die Zeitabschnitte in entsprechende Wegstrecken ein. Der Entstehung der Schwäbischen Alb wurde eine besondere Schautafel gewidmet.mEine wirklich große Besonderheit ist in einem Größenmodell eines Wasserstoff-Atoms modelliert. Der Mikro-Kosmos, von dem das ganze Sonnensystem erfüllt ist, wird darin 120 milliardenfach vergrößert gezeigt. Beeindruckend dabei ist der Vergleich der Räume im Mikro- und im Makro-Kosmos.
Der Lehrpfad beginnt auf der freien Anhöhe beim Altersheim Winterlingen und führt süd-östlich entlang der ehemaligen Römerstrasse. Diese antike Strasse führte von Sigmaringen-Laiz kommend über die Hochfläche der Alb nach Norden. Der Blick reicht hier weit über die bewaldeten Talhänge des Schmeientales, bei guter Fernsicht sogar bis zu den Alpen. Dieser Trasse folgt auch der Planetenweg über gut ausgebaute Wege. Die Verbindung führt von Winterlingen direkt zu dem Weiler Blättringen. Über das ganze Jahr genießen Spaziergänger seit langem diese Strecke, denn auch im Winter ist dieser Weg geräumt. Die einfache Wegstrecke bis zum 8. Planeten "Neptun" beträgt ca. 4,5 km. Dieses Modell steht bei der Brücke über die B 463 bei Blättringen. Der Wanderer bekommt mit der zurückgelegten Strecke eine klare Vorstellung über die Größe unser Sonnensystem. Es sind nur geringe Steigungen zu überwinden und immer wieder kann der Blick zurück zum markanten Ausgangspunkt schweifen. Die Wanderung auf diesem Lehrpfad ist im Vergleich wie ein Flug mit Über-Schallgeschwindigkeit durch das Sonnensystem. Ein Meter des Weges entspricht einer Million Kilometer im Weltall. Ermöglicht wurde dieses Werk, das in vergleichbarer Art noch nicht existiert, durch die Förderung aus Mitteln der Europäischen Union und dem Land Baden-Württemberg. Das Projekt unterstützte die Winterlinger Firma Elkuch-Landenberger, die IHK Lehrwerkstätte in Albstadt-Tailfingen und die Bodensee-Wasserversorgung. Die naturwissenschaftliche Beratung wurde von Dr. Dietmar Abt gewährt.
Idee, Planung und Ausführung: Erwin Seßler