Gemeindepartnerschaft
Winterlingen - Izbica
Die Entstehungsgeschichte
Die Nachforschungen um das Schicksal der Winterlinger Bürgerin Selma Burkart geb. Muschel, Ehefrau jüdischen Glaubens des von 1929 bis1954 ortsansässigen Arztes Dr. med. Emil Burkart führten den heimatkundlich interessierten Gemeinderat Heinrich Schuler erstmals 1997 unter anderem auch für mehrere Tage in den im Südosten von Polen gelegenen Ort Izbica/Lublin. Aus diesem Ort stammt das letzte Lebenszeichen von Selma Burkart, eine handschriftlich von ihr geschriebene Postkarte mit Datum vom 24. April 1942. Wegen seiner jüdischen Ehefrau wurde Dr. Burkart als Arzt von den Ortsansässigen zunehmend gemieden und teils angefeindet. Letztlich sah sich Selma Burkart unter dem Duck von massiven Drohungen seitens der örtlichen NSDAP gegen ihre Person gezwungen, Winterlingen -die Eheleute dachten für eine kurze Zeit- zu verlassen. Sie verzog zu ihren in Breslau wohnhaften Geschwistern. Am 09. April 1942 erging an Selma Burkart die schriftliche Aufforderung, sich „zum Transport nach dem Osten“ zu stellen. Unmittelbar danach wurde sie nach Izbica deportiert. Während der Dauer seines dortigen Aufenthalts war Heinrich Schuler in der Familie von Frau Anna Mrozek, Deutschlehrerin am Lyzeum Izbica-Tarnogora zu Gast. Es ergaben sich Kontakte zum Direktor des Lyzeums, Herrn Jozef Grzesiuk und zum Bürgermeister der Gemeinde Izbica, Herrn Jerzy Babiarz.
Heinrich Schuler brachte von seiner Reise nach Izbica auch eine Einladung von Herrn Direktor Jozef Grzesiuk an die Realschule Winterlingen mit. Vom 27.07. - 31.07.1999 fuhren Herr Realschulrektor Gustav Kleiner, Frau Realschullehrerin Karin Czirr, Herr Realschullehrer Karl-Otto Gauggel, Herr Realschullehrer Peter Kastner und Heinrich Schuler nach Izbica und besuchten das dortige Lyzeum. Ein sehr freundlicher und herzlicher Empfang wurde den Gästen bereitet. Bereits in den ersten Gesprächen war ein beidseitig harmonisches, von gegenseitigem Vertrauen geprägtes Wohlwollen und Verständnis füreinander zu spüren. Daraus entwickelte sich der Gedanke eines Schüleraustausches. Es reifte der Entschluss, dies zu versuchen. Herr Realschullehrer Karl-Otto Gauggel war von der Idee begeistert. Mit nachhaltiger Unterstützung von Realschulrektor Gustav Kleiner setzte er sich fortan zum Ziel, einen ersten Schüleraustausch, eine Fahrt mit Schülerinnen und Schüler seiner Klasse nach Izbica zum Besuch der Schülerinnen und Schüler des Lyzeums Izbica-Tarnogora zu organisieren und durch zu führen. Nachdem die Elternvertretung dem Vorhaben zugestimmt hatte, war der Grundstein gelegt.
Bereits im Jahr 2000 erfolgte der erste Schüleraustausch. 8 Realschüler fuhren zusammen mit Karl-Otto Gauggel und Frau Realschulkonrektorin Ellen Wiehl nach Izbica. Regelmäßig jährlich wechselseitig wiederkehrende Begegnungen folgten. Im Juni 2009 konnte der 10. Austausch von Schülerinnen und Schüler der beiden Schulen in Izbica gefeiert werden. Dass dies möglich war ist ganz besonders dem herausragenden Engagement von Herrn Realschullehrer Karl-Otto Gauggel zu verdanken, der bisher alle Austauschfahrten geplant, durchgeführt und sie als Lehrer begleitet hat. Tatkräftige Unterstützung hat er dabei von Frau Realschullehrerin Elfriede Oswald erfahren, die als weitere begleitende Lehrerin mit in Izbica war. [Mehr zum Schüleraustausch siehe Link Realschule Winterlingen]
Die Gemeindepartnerschaft
Frau Bürgermeisterin Gabriele Schlee hatte bereits von Beginn ihrer Amtszeit an den grundsätzlichen Gedanken, dem Gemeinderat vorzuschlagen, mit einer geeigneten Auslandsgemeinde eine Partnerschaft einzugehen. Nachdem Jerzy Babiarz, Bürgermeister der Gemeinde Izbica wiederholt und zuletzt im April 2007 über Heinrich Schuler eine Einladung an seine Bürgermeisterkollegin in Winterlingen hat überbringen lassen, Izbica mit einer Delegation zu besuchen und den Wunsch einer Gemeindepartnerschaft äußerte, waren es die sehr guten und positiven Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler, wie auch die der Lehrerinnen und Lehrer aus dem Schüleraustausch, welche im Kern Pate dafür gestanden sind, dass Frau Bürgermeisterin Gabriele Schlee die Einladung ihres Kollegen angenommen hat. Sie sprach ihrerseits sodann eine Einladung an Bürgermeister Jerzy Babiarz aus, nach Winterlingen zu kommen. Hernach -so der weitere Gedanke- sollten beide Seiten unter anderem auch aufgrund der vor Ort gemachten Eindrücke und Erfahrungen überlegen, ob eine Gemeindepartnerschaft angestrebt werden soll.
In der Zeit vom 06.07. bis 11.07.2007 besuchte eine offizielle Delegation aus Izbica die Gemeinde Winterlingen. Zwei Monate später, vom 12.09. bis 17.09.2007, erfolgte ein Gegenbesuch einer Delegation der Gemeinde Winterlingen in Izbica. Kurze Zeit danach hat der Bürgermeister der Gemeinde Izbica offiziell mitgeteilt, dass der Gemeinderat beschlossen habe, mit der Gemeinde Winterlingen gerne eine Partnerschaft eingehen zu wollen.Nachdem der Gemeinderat Winterlingen ebenfalls seine Zustimmung gegeben hat, wurde der Text der Partnerschaftsurkunde beraten und in Abstimmung mit der Gemeinde Izbica folgender Wortlaut beschlossen:
Im August 2008 war es dann soweit. Eine offizielle Delegation der Gemeinde Winterlingen war vom 20.08. bis 25.08.2008 Gast in der Gemeinde Izbica. Anlässlich des in Izbica traditionellen Erntedankfestes wurde am 24.08.2008 in einem sehr festlichen Rahmen in Anwesenheit von Landrat Szpak, überregionalen Politikern, geistlichen Würdenträgern der Katholischen Kirche und viel beachtet von der Presse, von Bürgermeister Jeryz Babiarz und Bürgermeisterin Gabriele Schlee die Partnerschaftsurkunde unterzeichnet. Zusammen mit seinen polnischen Amtsbrüdern gestaltete unser Pfarrer Peter Altenstetter den unter freiem Himmel abgehaltenen, von einer überaus großen Anzahl von Bürgerinnen und Bürgern der Gemeinde Izbica besuchten Festgottesdienst mit.
„Edle Tat“ der polnischen Stiftung „Zacny Uczynek“
Einen außerordentlichen Höhepunkt erreichte die Partnerschaft am 01. Dezember 2013. Der 1. Bürgermeisterstellvertreter der Gemeinde Winterlingen, Heinrich Schuler, erhielt eine besondere Ehrung. Er ist nach dem ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, dem früheren Präsidenten des Europäischen Parlaments Hans-Gert Pöttering und der SPS-Politikerin Gesine Schwan der vierte Deutsche, der den Award „Edle Tat“ der polnischen Stiftung „Zacny Uczynek“ erhielt.
Der Festakt fand am 30. November 2013 vor zahlreichen Ehrengästen aus Politik und Gesellschaft im Hotel Royal Le Meridien Bristol in Warschau statt. Stellvertretend für die Jury des „Edle Tat“ Preises überreichte der ehemalige polnische Außen- und Wirtschaftsminister Professor Dr. Andrezej Olechowski Heinrich Schuler die Auszeichnung. Der Journalist und Stiftungsvorsitzende Roman Zelazny würdigte in seiner Laudatio Schulers Einsatz für die deutsch-polnische Aussöhnung und den Ausbau der freundschaftlichen Beziehungen zwischen Winterlingen und seiner südostpolnischen Partnergemeinde Izbica. Der Stiftungsvorsitzende hob hervor, dass beide Gemeinden die Partnerschaft im Bewusstsein der Geschichte eingegangen sind. Fast alle jüdischen Bürger, die vor dem Krieg 90 Prozent der Einwohner in Izbica ausmachten, seien vom NS-Regime ermordet oder deportiert und in Konzentrationslagern vernichtet worden.
Winterlingen und Izbica hätten aus der tragischen Geschichte gelernt. Dank der gemeinsamen Bemühungen sei das Gedächtnis an die Juden nach Izbica zurückgebracht worden. Die Partnerschaft habe aber nicht nur geholfen, das Trauma des Holocausts zu überwinden, sondern auch viele der seit Jahrzehnten zwischen Deutschen und Polen bestehenden Ressentiments und Stereotypen zu beseitigen. Neben Heinrich Schuler ehrte die Jury um Friedensnobelpreisträger Lech Walesa auch die polnische Europaabgeordnete Professor Dr. Lena Kolarska-Bobinska sowie den römisch-katholischen Theologen und emeritierten Bischof von Oppeln Alfons Nossol, der sowohl die polnische und deutsche Staatsbürgerschaft besitzt und ebenfalls als Brückenbau zwischen Polen und Deutschland gilt.
Heinrich Schuler dankte allen Freunden und Wegbegleitern, die ihn in seiner Herzensangelegenheit unterstützten. Ein besonderer Dank galt insbesondere aber seiner Familie, ohne die sein zeitintensiver Einsatz nicht möglich gewesen wäre. Er freue sich auch, dass Bürgermeister Michael Maier, Hauptamtsleiter Ludwig Maag und Lothar Vees, Geschäftsführer des Caritasverbands Hechingen, den weiten Weg nach Warschau auf sich genommen hätten, um dem Festakt beizuwohnen. Schuler zeigte sich sicher, dass sich die Gemeindepartnerschaft auch künftig positiv weiter entwickeln wird. So werde noch vor Weihnachten in Winterlingen ein Fotokalender mit Motiven aus Izbica verteilt. Ein weiterer Meilenstein werde mit einem deutsch-polnischen Fußballfreundschaftsspiel folgen, dass im Rahmen eines überregionalen U21 Turniers am 28./29. Juni 2014 im Stadion in Winterlingen ausgetragen wird. Und ganz besonders freut sich Herr Schuler bereits auf den Besuch des traditionellen Erntedankfestes im August in Izbica, wo er dann im Anschluss als –wie er augenzwinkernd bemerkt- als „Praktikant“ noch eine Woche bleiben darf, um seine Kenntnisse über Polen und die Partnergemeinde weiter zu vertiefen.
Heiner Schuler ist erster Ehrenbürger der Gemeinde Izbica
Eine außergewöhnliche Ehre ist dem früheren Bürgermeisterstellvertreter und Vorsitzenden des deutsch-polnischen Partnerschaftskomitees unserer Gemeinde, Heinrich Schuler, zuteil geworden. Er ist wohl einer der ganz wenigen Deutschen, die in einer polnischen Gemeinde zum Ehrenbürger ernannt worden sind. Der feierliche Festakt fand am 17. Oktober 2017 im Sitzungssaal des Rathaus Izbica vor sämtlichen Gemeinderätinnen und Gemeinderäten und der Gemeindeverwaltungsspitze statt. Bürgermeister Jerzy Lewczuk und die Ratsvorsitzende Wioletta Niedzwiecka überreichten Heinrich Schuler die außergewöhnliche Auszeichnung. Er ist der erste Ehrenbürger der Gemeinde Izbica überhaupt. Jerzy Lewczuk und Wioletta Niedzwiecka würdigten in ihren Laudatien Schulers Einsatz für die deutsch-polnische Schul- und Gemeindepartnerschaft als wichtige Punkte hin zur Aussöhnung und den Ausbau der freundschaftlichen Beziehungen zwischen Winterlingen und seiner südostpolnischen Partnergemeinde Izbica. Damit habe er sich in besonderer Weise verdienst gemacht und durch seine langjährige verdienstvolle Arbeit zum Wohl der Gemeinde Izbica beigetragen.
Heinrich Schuler hob hervor, dass beide Gemeinden die Schul- und Gemeindepartnerschaft im Bewusstsein der Geschichte eingegangen seien. Nahezu alle jüdischen Männer, Frauen und Kinder, die vor dem II. Weltkrieg in Izbica nahezu 90 Prozent der Bevölkerung ausgemacht hätten, seien wahllos von willigen, brutalen Helfern des NS-Regimes in Izbica durch Aushungern, Verweigerung und medizinischer Hilfen, durch Erschießungen und anderen Grausamkeiten ganz bewusst getötet worden. Auch seien viele Juden aus Izbica in die nahe gelegenen Vernichtungslager Belzec und Sobibor deportier und dort ermordet worden. So aller Wahrscheinlichkeit nach auch Selma Burkart, über deren Schicksalsweg er letztlich nach Izbica gekommen sei. Die Schul- und Gemeindepartnerschaft habe auch mit dazu beigetragen, dass das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte nicht vergessen werde. Heinrich Schuler dankte allen Freunden und Wegbegleitern, die ihn in seiner Herzensangelegenheit unterstützen und wohlwollend begleitet haben. Er freue sich sehr, dass Bürgermeister Michael Maier und seine gesamte Verwaltung diesen Weg gemeinsam mit ihm beschreiten und der Partnerschaft einen hohen Stellenwert zu messen. Sein Dank galt insbesondere seiner Familie, ohne die sein zeitintensiver Einsatz nicht möglich gewesen wäre. Im Jahr 2018 werde das zehnjährige Bestehen der Partnerschaft gefeiert.
Zu unserer Partnergemeinde
Izbica liegt im Südosten von Polen an der Fernverkehrsstraße Nr. 17/E 372 zwischen der etwa 55 km entfernten Stadt Lublin und der etwa 24 km entfernten Stadt Zamosc. Im westlichen Teil des Ortes fließt das Flüsschen Wieprz. Bis zum Grenzübergang bei Hrebenne in die Ukraine sind es ca.85 km. Kommunalpolitisch ist Izbica Teil des Landkreises Krasnystaw. Selbiger wiederum ist der Woiwodschaft Lublin zugeordnet. 26 Ortsteile mit zusammen ca. 8.800 Einwohnern gehören zum Gemeindegebiet, welches eine Fläche von etwa 138 qkm umfasst [sic. Winterlingen hat ca. 50 qkm] . Der Kernort Izbica hat ca. 1.900 Einwohner. Industrie ist nahezu keine vorhanden. Die Menschen leben hauptsächlich von der Landwirtschaft. Izbica und Umgebung liegt in einer landschaftlich leicht hügelig welligen, weithin unberührt wirkenden und naturbelassenen Landschaft.
Im Gemeindegebiet gibt es die drei selbstständigen Pfarreien Tarnogora, Orlow und Wirkowice. Der Kernort Izbica ist diesbezüglich Tarnogora zugeordnet. Der Pfarrer von Izbica-Tarnogora heißt Jaroslaw Wojcik. In den genannten drei Kirchengemeinden gibt es jeweils einen Kirchenchor. In Zusammenarbeit mit der Katholischen Kirche unterhält die Gemeinde Izbica ein Altersheim mit etwa 24 Plätzen.
Auch im Bereich des Kindergarten- und Schulwesens ist Izbica bemerkenswert aufgestellt. Es gibt 2 Kindergärten, in nahezu jedem Ort eine Grundschule und in Izbica, Orlow und Tarnogora jeweils ein Gymnasium. Hinzu kommen ein Lyzeum mit Internat und die daran angegliederte technische Fachschule für Gastronomie. Eingebettet in eine parkähnliche Anlage ist das Lyzeum, dessen Namensgeber der polnische Dichter und Poet Jan Kochanowski (1530 – 1584) ist, in einem vormals herrschaftlichen Anwesen der Adelsfamilie Smorczewski untergebracht. Jozef Grzesiuk, der sehr rührige Direktor unserer Partnerschaftsschule ist im Gesamtgefüge betrachtet, zusammen mit den Pfarrern der Gemeinde reger Unterstützer und Förderer der Gemeindepartnerschaft.
Was das Vereinsleben anlangt gibt es in Izbica einen Fußballclub, die Freiwillige Feuerwehr und einen daraus entstandenen Musikverein. In allen Teilorten haben sich Frauen zu so genannten Hausfrauenvereinigungen zusammen geschlossen und treffen sich regelmäßig. Sie bewahren und pflegen die regionale Handarbeitskultur und das Brauchtum. Bei allen Festlichkeiten in der Gemeinde wirken sie aktiv mit.
Bürgermeister der Gemeinde ist Karol Jerzy Babiarz, sein hauptamtlicher Stellvertreter Jozef Bobel. Der Vorsitzende des 18 Personen zählenden Gemeinderates ist Andrzej Suszek. Die Anschrift der Gemeinde Izbica lautet: ul. Gminna 4, 22-375 Izbica.
Das Umland
Die Region Lublin zeichnet sich durch außergewöhnliche Naturreichtümer aus. Fast ein Drittel der Bodenfläche dieser Region ist geschützt. Darunter sind die zwei Naturparks Roztosze und Polesie, 17 Landschaftsparks, 83 Naturreservate und 17 Landschaftsschutzgebiete. Die mittelalterliche Stadt Lublin lockt mit einer Vielzahl von Baudenkmälern, der malerisch gelegenen Altstadt und Vielem mehr. Das Lubliner Gebiet ist reich an Kulturgütern, einzelnen Objekten und urbanistischen Stadtensembles. Zamosc ist eines davon. Der Stadtkern mit Marktplatz wurde vom venezianischen Baumeister Bernardo Morando projektiert. Zamosc wird auch „Padua des Nordens“ genannt. Die Altstadt ist seit 1992 in die UNESCO-Liste des natürlichen und kulturellen Naturerbes aufgenommen.
Ein kurzer Blick in die Geschichte der Gemeinde
Izbica wurde erstmals 1419 als Dorf urkundlich erwähnt. Gegründet wurde die Stadt im Jahr 1750 und war in königlichem Besitz. In Folge eines Erlasses im Jahr 1744 wurde die Stadt für die aus dem benachbarten Tarnogora stammenden Juden gegründet. Bereits um 1560 lebten vereinzelt Juden in Izbica. 1819 wurde südlich vom Marktplatz gelegen mit Ziegelsteinen eine Synagoge gebaut. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte der bekannte Tzaddik Mordechaj Josef Teiner seinen Wohnsitz in Izbica. Er war der Begründer der so genannten Dynastie der Tzaddiks Izbica-Radzyn, deren letzte Nachkommen im Jahr 1942 ermordet wurden. Im Jahr 1897 lebten 3019 Juden in Izbica. Das waren ca. 95 % aller Einwohner. [ Quelle: A Guide to Jewish, Lublin and Surroundings; Andrzej Trzcinski 1991]
Vor dem Überfall Deutschlands auf Polen im Jahr 1939 zählte Izbica etwa 6.000 Einwohner. Die örtlichen Juden waren damals mit über 90 % an der Gesamtvölkerung prägend für das Schtetl Izbica. [ Quelle: Thomas Toivi Blatt, im Jahr 2000 zum Autor]
Während der Okkupation errichteten die Nationalsozialisten als Zwischenstation für die Deportation der Juden in die Vernichtungslager Belzec und Sobibor in Izbica ein Durchgangslager. Bereits 1941 wurden jüdische Einwohner u.a aus Lodz, Krakau, Kolo, Konin und Rzgow nach Izbica „umgesiedelt“. Im März 1942 begannen die großen Deportationen jüdischer Menschen aus Deutschland, der Tschechoslowakei und aus Österreich nach Izbica. Die Menschen verbrachten in der Regel nur wenige Wochen oder Monate in dem Durchgangslager, bevor sie in die Vernichtungslager Belzec und Sobibor abtransportiert wurden. Vermutlich am 23. April 1943 wurden die letzten Juden von Izbica deportiert. Ziel war das Vernichtungslager Sobibor. In diesem Transport waren auch Thomas Blatt und seine Familie. Als einer von sehr wenigen Menschen hat Thomas Blatt (*1927 in Izbica) Sobibor überlebt. Geschätzt wird, dass für insgesamt etwa 26.000 jüdische Männer, Frauen und Kinder Izbica die letzte Station auf ihrem Weg in die Vernichtungslager gewesen ist. Wie viele Menschen im Ort selber umgebracht wurden, an Hunger oder als Folge von Krankheiten verstarben, oder auf eine andere Art und Weise zu Tode gekommen sind, wird vermutlich niemals genau bekannt werden. Dies gilt auch für die Menschen, welche auf dem jüdischen Friedhof in Izbica erschossen und dort in Massengräbern verscharrt worden sind. Man schätzt, dass dies zusammen mehr als 3.000 Menschen gewesen sind. Ob Selma Burkart in Izbica zu Tode gekommen ist, oder im Vernichtungslager Belzec ermordet wurde, wird sehr wahrscheinlich für immer unbekannt bleiben.
Literatura:
- Thomas Toivi Blatt
Nur die Schatten bleiben. Aufbau-Verlag Berling, ISBN 3-351-02504-1 - Robert Kuwalek Das Durchgangsghetto in Izbica In: Theresienstädter Studien und Dokumente 2003, S. 321 – 351
- Dieter Pohl
Von der „Judenpolitik “ zum Judenmord.
Der Distrikt Lublin des Generalgouvernements 1939-1944.
Verlag Peter Lang GmbH Frankfurt am Main, ISSN 0724-6285, ISBN 3-631-45716-2 - Bogdan Musial
Deutsche Zivilverwaltung und Judenverfolgung im Generalgouvernement.
Eine Fallstudie zum Distrikt Lublin 1939-1944.
Deutsches Historisches Institut Warschau, Quellen und Studie Band 10.
Harrassowitz Verlag Wiesbaden, ISSN 0947-4226, ISBN 3-447-04208-7 - Mark Rosemann
In einem unbewachten Augenblick.
Aufbau-Verlag Berlin, ISBN 3-351-02531-9 - Ingrid Schupetta
Deportationsziel Izbica
Izbica - Ghetto ohne Mauern - Bildungswerk Stanislaw Hantz e.V.
Dörnbergstrasse 12
34119 Kassel
www.bildungswerk-ks.de - Aktivtourismus in der Lubliner Region
Hrsg.: Magg s.c. Agencia Reklamy M. Bochynski, G. Jaworski
ISBN 83-914511-8-6
magg(@)futuro.pl - Zamosc - Ideale Stadt
Hrsg.: Stadtverwaltung Zamosc , Rynek Wielki 13
www.zamosc.pl - SWR Dokumentarfilm (CD-ROM)
Izbica - Drehkreuz des Todes
Länge: 88’37’’: MEDIA-Services 76522 Baden-Baden. Telefonnummer: 07221 929-500 - Link zu www.izbica.ug.mbnet.pl oder www.gminaizbica.eu